6. Unsere letzten Tage auf Korsika

Nach zwei Nächten in der wunderschönen Bucht von Girolata machten wir uns am 25. April bei strahlendem Sonnenschein unter Motor auf den Weg weiter nach Norden. Das Meer glich einem Ententeich und es war kaum vorstellbar, dass wir erst wenige Tage zuvor bei viel Wind mit ordentlich Krängung durch die Bucht gesegelt waren. 

Die Fahrt in die Bucht von Galeria führte uns vorbei an rötlich gefärbten Felsen, schönen Buchten und wir konnten bei sehr ruhigem Seegang die Fahrt durch die Passage Garganellu wagen. Zwischen den Felsen zu beiden Seiten ist gerade Platz für eine Yacht, die nicht viel größer sein darf als unsere. An der flachsten Stelle war nur noch ein halber Meter Wasser unter unserem Kiel. Wenn man bei Google Maps schaut, macht es nicht den Eindruck als wäre überhaupt eine Durchfahrt vorhanden. Jakob, Emily und Lilli waren im Bug um Ausguck zu halten und Oli vorbei an den überspülten Felsen zu lotsen. Das Wasser war so klar, dass wir den Grund und alles was sich um uns befand - wie einen großen Fisch sehen konnten. Da es leider weiterhin fast windstill blieb fuhren wir unter Motor weiter bis in die Bucht von Galeria, um dort zu Ankern. Es erwartete uns ein kleiner Fischerhafen und ein langer steiniger Strand mit wenigen Besuchern. Ankermanöver eins und zwei scheiterte. Wir waren gerade dabei den Anker zu bergen, als Emilys Schnuller aus ihrem Mund ins Wasser fiel. Der Schock stand Emily ins Gesicht geschrieben, als sie ihren geliebten Schnuller davonschwimmen sah. Wir versuchten sie zu beruhigen, in dem wir ihr versprachen später am Strand nach dem Schnuller zu suchen, doch glaubte keiner von uns daran ihn jemals wiederzufinden. Nachdem der Anker beim dritten Versuch hielt fuhren wir mit dem Dingi an den Strand und fanden zu unserer aller Überraschung den Schnuller tatsächlich genau an der Stelle, an der wir den Strand erreichten. Welch große Freude und Erleichterung. 

Für die Nacht und den folgenden Tag war ein starker aus Süden kommender, im Tagesverlauf zunehmender Wind angekündigt, so dass wir in regelmäßigen Abständen in der Nacht die Peilung überprüften und am nächsten Morgen sehr früh aufbrachen. Zunächst herrschte aber fast Windstille, als wir bei Sonnenaufgang den Anker bargen. Bei einer unangenehmen Welle und dann im Verlauf langsam zunehmendem Wind mußten wir uns ca. im 45° Winkel recht weit von der Küste entfernen, um Segeln zu können. Nach einer Halse konnten wir dann Kurs auf die Bucht und den Hafen von Calvi zu nehmen. Wie in der Vorhersage angekündigt frischte der Wind deutlich auf, je weiter wir nach Norden kamen und unsere Alia surfte auf der Welle und trug uns immer angenehmer durch das Wasser. Es war eine wahre Freude für uns alle und wir genossen das schnelle Segeln. Bei deutlich über 20 Knoten Wind schafften wir mit Großsegel im zweiten Reff und großer Genua weit über 7 Knoten. Wir segelten bereits gegen Mittag in die Bucht von Calvi und bargen erst kurz vor dem Hafen die Segel. Nach dem Anlegen machten wir schnell klar Schiff und freuten uns dann auf Besuch, denn Olis Eltern hatten sich angekündigt. Sie hatten kurzentschlossen ihren Italienurlaub für ein paar Tage unterbrochen und die Fähre nach Bastia bestiegen. Für die Kinder war es eine tolle Überraschung und sie nahmen direkt die Großeltern in Beschlag.

Der Steg füllte sich im Tagesverlauf mit weiteren Segelbooten, die alle vor dem aufkommendem Starkwind flüchteten. Am Nachmittag, als der Wind auf über 30 Knoten Fahrt aufnahm waren alle froh im sicheren Hafen zu liegen. Wir machten Bekanntschaft mit dem auf großer Fahrt befindlichen Einhandsegler Andy und den ebenfalls aus England kommenden Frieda und Chris. Sie hatten eine ähnliche Hallberg-Rassy wie wir und konnten uns so einige Tipps geben. Später kam noch Pierre mit seiner Frau dazu, die eigentlich in Kanada wohnen, aber jährlich drei Monate mit ihrem Boot herumreisen. Wie schon in den Häfen zuvor genossen wir den Plausch mit den anderen Seglern. Fast in jedem Hafen lernt man über alle Altersschichten hinweg schnell andere Segler kennen und tauscht Tips und Törnberichte aus. Es ist interessant von so vielen unterschiedlichen Lebenswegen und -philosophien zu hören, in denen allen Segeln einen ganz großen Anteil einnimmt.

Drei Nächte waren wir in Calvi. Wir liefen durch die sehr schöne Stadt, besuchten die mächtige über der Stadt thronende Zitadelle und wanderten entlang der Bucht. Auf dem Weg entlang des tollen Sandstrandes auf der einen und eines Kiefernwäldchens auf der anderen Seite hatten wir einen wunderschönen Blick auf die Stadt. Es blieb weiter windig, aber immerhin schien die Sonne. Wir genossen die Tage mit den Großeltern und zu allem Glück lernten wir auch noch eine sehr nette Seglerfamilie aus Holland kennen. Evelin und Tim leben mit ihrem Sohn seid zwei Jahren auf ihrer Segelyacht Mallemok. Mit dem vier jährigen Max verstand sich Jakob auf Anhieb und hatte so  einen super Spielkameraden.

Am 29.04. fuhren wir weiter in nördlicher Richtung nach Saint Florent. Es war ein wunderschöner, sonniger Tag, nur der Wind kam nicht aus der optimalen Richtung. Wir konnten also nicht die kürzeste Distanz fahren, sondern mußten teilweise gegen den Wind kreuzen. Eigentlich war Saint Florent gar nicht unser geplantes Ziel, sondern eine kleine Ankerbucht an der Nordküste. Diese entpuppte sich aber bei der Anfahrt als ausgesprochen klein, flach und steinig. Zudem standen Wind und Welle voll in der Bucht, so das uns nichts anderes übrig als in den Hafen von Saint Florent zu fahren. Das bedeutete allerdings noch gute zwei Stunden Weiterfahrt für uns. Das Wetter liess es zu Nudeln mit Pesto zu kochen - das Standardgericht wenns schnell gehen muss. Bald schlief der Wind ein und als wir in die tiefe Bucht von Saint Florent fuhren bot sich uns ein toller Sonnenuntergang. Als wir in der Marina anlegten war es schon fast dunkel und die Kinder waren schon zu Bett gegangen. Saint Florent ist eine sehr liebenswerte Stadt, die wir am nächsten Tag erkundeten.

Am ersten Mai war im Tagesverlauf schon wieder starker Wind aus Westen angekündigt, so dass wir noch vor dem Sonnenaufgang in Saint Florent ablegten. Als wir entlang der Westküste von Cap Corse, der nördlichen halbinselförmigen Spitze Korsikas fuhren war es jedoch zunächst windstill. Diverse Leuchttürme blinkten am Ufer, bevor über den auch hier noch teilweise mit Schnee  bedeckten Bergen die Sonne aufging. Jakob kam bald nach dem Ablegen zu uns und kuschelte sich ins Cockpit. Emily störte sich nicht am Gebrumme des Motors und schlief fast bis zum Erreichen der nördlichen Landspitze, dem eigentlichen Cap Corse, dass wir nach vier Stunden erreichten. Hier fing es plötzlich an zu wehen und wir konnten schon mit der ausgerollten Genua allein ordentlich Fahrt machen. Der Wind drehte je weiter wir nach Osten kamen und so konnten wir den Kurs auf der anderen Seite des Cap Corse weiter nach Süden legen. Um nach Macinaggio zu kommen hätten wir trotzdem kreuzen müssen. Innerhalb von ca. einer Stunde wurde es richtig ungemütlich. Am Himmel hingen mittlerweile tief schwarze Wolken, es begann zu regnen, der Wind blies mit bis zu 25 Knoten und die Wellen wurden immer höher. Es wurde Zeit abzuhauen, also bargen wir schnell die Segel und schaukelten die letzten Meilen zügig unter Motor in die Marina Macinaggio. Das Anlegemanöver gestaltete sich spannend. Mit Rückenwind fuhren wir vorwärts Richtung Steg und mußten dann ordentlich rückwärts Schub geben, um nicht auf den Steg gedrückt zu werden. Durchgefroren und nass machten wir es uns erstmal im Boot gemütlich und warteten ab, bis sich am frühen Nachmittag die Wolken verzogen und wir den Hafen und die kleine Stadt erkunden konnten. Macinaggio ist die Stadt der Katzen, denn an jeder Ecke trafen wir auf die kleinen scheuen Vierbeiner. Wir blieben für zwei Nächte in dem kleinen Hafen und machten am 02.Mai eine tolle Küstenwanderung über das Cap Corse. Die Landschaft unterscheidet sich im Norden doch sehr von der Westküste Korsikas. Überall sind grüne Wiesen, bewachsene Hügel - es hat uns irgendwie an Irland erinnert. Während der Wanderung hatten wir strahlenden Sonnenschein und konnten einen traumhaften Blick zu Isola Elba und Isola Capraia genießen. Wir picknickten an einem tollen einsamen Strand (siehe Selfie Familienbild) und belohnten uns am Ende mit einem Eis. Die Kinder und vor allem Jakob sind mittlerweile richtig großartige Wanderer geworden. Es ist kein Problem länger Touren mit ihnen zu machen. Sie lieben es die Landschaft und Wege zu erkunden, kleine Ameisenstraßen zu beobachten, nach Salamandern zu suchen und zu schauen, was sich hinter dem nächsten Hügel versteckt. Wenn Emilys kurzen Beine zu müde werden kann sie sich prima in der Krake ausruhen. Nach einer ersten doch recht stürmischen unruhigen Nacht, war die zweite Nacht deutlich entspannter und wir freuten uns auf die Überfahrt nach Elba.

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Kommentare: 1
  • #1

    Ina (Montag, 08 Mai 2017 08:31)

    Wieder ein toller Bericht und ihr seht soooo glücklich aus. Genießt es weiterhin. Dicken Knutsch aus Nordhessen.