7. Au Revoir Corse -Ciao Italia

Nach eingehendem Wetterstudium entschlossen wir uns am 03. Mai Korsika zu verlassen und nach Elba zu segeln. Aufgrund der Windvorhersage blieben wir am Vormittag noch in der Marina von Macinaggio. Wir vertrieben uns die Zeit mit Basteln eines Katamarans aus Schilfrohren und  Emily malte Bilder mit Wasserfarben. Die letzten Tage hatten wir relativ wenig Kontakt mit anderen Booten und der Hafen war bis auf ein paar Arbeiter- und Fischerboote recht ruhig. Nicht so am 03. Mai. Es war ein reges Kommen und Gehen. Jakob konnte seiner Lieblingsaufgabe nachkommen und diversen anderen Booten beim Anlegen helfen. Mooringleinen angeben und Leinen annehmen. Sein neuer Traumjob - Hafenmeister. 

Gegen drei Uhr brachen wir auf und setzten direkt vor dem Hafen die Segel. Uns stand unsere erste Nachtfahrt bevor und unser Plan war so wenig wie möglich mit dem Motor zu fahren. Nachdem wir mit wenig Wind aber gut geblähten Segeln gestartet waren, hatten wir für zwei Stunden flaute. Es war eher ein Treiben als ein Segeln, aber da wir keinen Zeitdruck hatten genossen wir den Sonnenuntergang mit einem wunderschönen Blick zurück auf das Cap Corse. Quer ab konnten wir die Insel Capraia sehen und vor uns in noch etwas Entfernung lag unser Ziel - Elba. Nach einem gemütlichen Abendessen im Cockpit wollte Jakob die Situation von weiter oben betrachten. Die günstigen Bedingungen ließen es zu, dass wir ihn in den Mast zogen. Er genoss den Ausflug in die Höhe sehr, so dass es für uns schwierig war ihn wieder auf den Boden der Tatsachen und vor allem ins Bett zu bringen… Ein Kapitel aus unserer Lieblingsreiselektüre „Die Reise zur Wunderinsel“ von Klaus Kordon gab es als Gutenachtgeschichte. Kaum hatte Oli etwas von Walen vorgelesen, hörten wir hinter uns ein leises Prusten. Es war ein Delfin, der kurz vor Sonnenuntergang etwas entfernt vom Boot schwamm. Als es dunkel wurde konnten wir nochmal segeln, aber irgendwann schlief der Wind gänzlich ein und es begann sogar etwas zu regnen. Die letzten acht Seemeilen, oder zwei Stunden motorten wir. Besonders spannend waren in der Nacht die Begegnungen mit etlichen großen Fähren, die mit einer wahnsinns Geschwindigkeit von Norden kommend Richtung Korsika und Sardinien fuhren. Ihren Kurs kann man erst erkennen, wenn sie relativ nah sind. Erst dann kann man sich sicher sein dass sie einen in sicherem Abstand passieren. Gegen drei Uhr erreichten wir die kleine Hafenstadt Marciana Marina, wo wir im Hafen anlegten und erschöpft ins Bett fielen. Das Städtchen empfing uns am nächsten Tag mit schönstem Wetter. Malerisch liegt es in einer großen Bucht mit bewaldeten Berghängen im Hintergrund, die sich bis zum 1000m hohen Monte Capanne ziehen. Nach zwei schönen Tagen segelten wir am 06.05. nur ein paar Meilen in die benachbarte Bucht von Biodola, wo wir ankerten und einen tollen Nachmittag am Strand verbrachten. Das Besondere an diesem Segeltag, wir probierten erstmals den Blister aus. Dies ist ein großes buntes Segel, das bei Vorwindkursen eingesetzt werden kann und dann deutlich effektiver als die Genua ist. Bislang hatten wir die Theorie nur einmalig vom Voreigner unseres Schiffes gezeigt bekommen, aber immer den Aufwand gescheut das Segel aus der Vorschiffskabine herauszuholen und zu installieren. Es funktionierte wunderbar und wir machten bei nur fünf Knoten Wind, 2,5 Knoten Fahrt. Mit der normalen Besegelung kommt Alia bei solchen Bedingungen sonst kaum in Fahrt. Nach diesem Erfolgserlebnis steht der Blister nun in seinem Sack neben dem Mast jederzeit bereit gesetzt zu werden.

Am Folgetag wollten wir Elba eigentlich auf der Ostseite umrunden und im Hafen von Porto Azzuro vor angekündigtem Starkwind Schutz suchen. Bei Sonnenaufgang holten wir den Anker hoch und motorten zunächst Richtung Norden. Als Portoferraio quer ab lag, war der Wind bereits aufgefrischt, so dass wir gut segeln konnten. Waren wir bei klarem Himmel gestartet und hatten den Sonnenaufgang genossen, wurde es nun aber schnell ungemütlich, es zog zu, der Wind frischte deutlich auf und es begann zu regnen. Unglücklicherweise drehte der Wind auf Süd, so dass es nur unter großem Aufwand gegen den Wind kreuzend möglich gewesen wäre nach Porto Azzuro zu gelangen. Uns blieb also nichts anderes übrig als nach Piombino zu segeln, wo wir in der Marina Salivoli festmachten. Die war teuer und rundherum gab es nur hässliche Wohnblocks. Das einzig positiv hervorzuhebende war ein grosser Supermarkt in dem wir uns verproviantieren konnten. 

In Piombino, einer ziemlich hässlichen Industrie- und Hafenstadt hielt uns nicht viel, also stachen wir am folgenden Tag wieder in See. Wir überquerten den Golf von Follonica und erreichten nach 13 sm teilweise motorend, teilweise segelnd Punta Ala, eine riesige Marina angegliedert an eine Feriensiedlung. Hier konnten wir einer unserer Lieblingsbeschäftigungen in Häfen nachkommen, Stege ablaufen und Boote gucken. 

Am nächsten Tag war endlich mal wieder herrlicher Segelwind vorhergesagt und so kam es auch. Nach dem Auslaufen aus dem Hafen umschifften wir unter Motor ein paar Klippen, dann setzten wir Großsegel und Genua und segelten Kurs Richtung Isola Giglio. Es wurde ein herrlicher Segeltag mit in der Spitze 5 Bft (bis 20 Knoten) Wind von achtern. Wir düsten mit teilweise über sieben Knoten über das Wasser. Die Wellen waren ca. einen Meter hoch, rollten aber von hinten unter dem Schiff durch, was im Vergleich zu anderen Kursen recht angenehm ist. Mit Erreichen der Insel schlief der Wind ein, so dass wir die letzten Seemeilen motoren mußten. Die Wellen kamen nun von der Seite und ohne die Stabilität der Segel schaukelten wir von einer zur anderen Seite bis wir endlich das rettende Hafenbecken erreichten. Die Insel Giglio ist ein mitten im Meer liegender Bergrücken mit den Orten Giglio auf der einen und Campese auf der anderen Seite. Auf der Verbindungsstraße zwischen den beiden Orten liegt hoch oben auf dem Bergrücken der Ort Castello, eine alte Befestigungsanlage, die wir am Folgetag besichtigten. Umgeben von einer dicken Stadtmauer befinden sich kleine Häuschen und verwinkelte Gässchen. Von der Stadtmauer aus hat man einen wunderschönen Rundblick auf die Insel. Am Vortag hatten wir beim Anlegen  Franco, einen älteren Einheimischen kennengelernt. Er hatte uns wohl trotz der Unfähigkeit mit ihm zu kommunizieren in sein Herz geschlossen. Zumindest brachte er uns mit seinem Auto zum Castello und besuchte uns am Nachmittag nochmal im Hafen, nachdem wir einen wunderschönen Weg zurück zum Boot gewandert waren. Dabei überreichte er uns eine ganze Tüte mit Souvenirs der Insel, was uns ziemlich unangenehm war. Jakob war sein Amico. 

Da das Wetter für eine Weiterfahrt nicht optimal war blieben wir zwei weitere Tage auf Giglio und kamen in Kontakt mit einigen anderen sehr netten Seglern aus England und einem Skipper aus Rosenheim (unsere ersten Kontakte in den Süden stehen also schon). An einem Tag fuhren wir mit dem Bus in die Bucht von Campese und an unserem letzten Tag wanderten wir zunächst entlang der Küste zu einer kleinen Bucht mit sehr schönem Sandstrand. Nachdem wir dort eine kleine Rast eingelegt hatten konnte sich Jakob dafür begeistern die 400 Höhenmeter bis auf den Bergrücken der Insel zu wandern. Es wurde eine tolle Wanderung die uns erneut bis zum Castello führte, von wo wir mit dem Bus wieder zum Hafen fuhren. 

Giglio gefiel uns insgesamt sehr gut. Es ist eine kleine liebenswerte und verträumte Insel mit schönen Buchten und tollen Wanderwegen.

Nach vier Nächten verliessen wir die Insel Giglio und setzten hoch motiviert nach Verlassen des Hafens die Segel. Leider blies der Wind aber sehr schwach und dann auch noch aus einer ungünstigen Richtung. Um irgendwie Strecke zu machen blieb uns nichts anderes übrig, als die Segel wieder einzuholen und die Maschine anzuwerfen. Wir nahmen Kurs auf eine kleine Insel (Giannutri), die knapp 15 Seemeilen Richtung Rom, einsam im Meer liegt. Als wir dort ankamen entpuppte sich die Ankerbucht leider als vollkommen ungeeignet. Wellen rollten in die Bucht und die Küste der Lavainsel fiel so steil ab, dass die Länge unserer Ankerkette nicht ausreichte. Ziemlich genervt gaben wir auf und setzten den Kurs Richtung Festland , wo wir nach weiteren drei Stunden unter Motor in der Marina Cala Galera anlegten. Der „Ausflug“ zur Insel Giannutri hatte uns einen erheblichen Umweg beschwert und nach sechs Stunden Motorfahrt fühlten wir uns ziemlich gerädert. Immerhin empfing uns der riesige Hafen mit einer Fülle von Jachten jeglicher Größe. Da der Hafen von vielen Römern als Ausgangspunkt genutzt wird gab es einige exclusive Boote zu bestaunen als wir am Abend unsere obligatorische Runde über die Stege machten. Letztendlich blieben wir drei Tage in der Marina. Wir fuhren mit dem Dingi (Beiboot) zum Strand und widmeten uns der Bootspflege. Unteranderem begannen wir das Projekt Teakdeck. Dabei wird das Deck zunächst mit einer Waschlösung geschrubbt, dann mit einem Aufheller behandelt und zu guter letzt eingeölt. Die Prozedur nimmt ziemlich viel Zeit in Anspruch und das Teak bekommt dadurch seine ursprünglich bräunliche Farbe zurück. Vielleicht ein Drittel der Fläche schafften wir, wobei Jakob und Emily fleißig mithalfen. 

Am 15. Mai war dann endlich optimaler Wind für die Weiterfahrt Richtung Rom vorhergesagt. Nach dem Auslaufen aus dem Hafen und Setzen der Segel ging es zunächst noch sehr gemütlich voran, doch mit der Zeit frischte der Wind immer weiter auf und mit Blister rauschten wir mit über sieben Knoten die Küste entlang. Kurz hatten wir die Hoffnung unseren Zielhafen Porto Touristico di Roma noch vor Schliessung um 23 Uhr zu erreichen, doch der Wind liess gegen Abend wieder nach. Wir haben Käsespätzle gegessen, die wir schon vorgekocht hatten und schauten dann bei untergehender Sonne im Cockpit „The Incredibles“. Jakob war von seinem allerersten Film in Kinolänge total begeistert und schwärmt immer wieder von den Superhelden. Nachdem wir alle die blutrote Sonne im Meer verschwinden gesehen hatten legten sich die Kinder schlafen. Gegen Mitternacht mußten wir die Segel bergen, da der Wind vollends einschlief, doch eine Stunde später konnten wir die Genua wieder ausrollen und nochmal eine Stunde segeln. Gegen halb zwei bemerkten wir ein Motorboot mit hoher Geschwindigkeit etwas seitlich an uns vorbeifahren. Wir regten uns gerade auf, dass es komplett ohne Navigationslichter (also komplett düster) unterwegs war, als es die Fahrt reduzierte, alle Lichter anschaltete und uns mit seinem Suchscheinwerfer ins Visier nahm. Kurze Zeit später kam das Boot der Guardia di Finanza längsseits und die Beamten wollten von uns wissen wohin wir wollten, woher wir kamen, wer an Bord ist, usw.. Nach einer kleinen gerufenen Konversation von Bord zu Bord schienen sie zufrieden zu sein und düsten wieder davon. Das ganze Manöver sorgte dafür, dass Jakob erwachte und uns die restliche Strecke im Cockpit unterstützte. Kurze Zeit später waren auch wir vor der Hafeneinfahrt und ankerten ein paar hundert Meter daneben. Abwechselnd versuchten wir noch ein wenig Schlaf nachzuholen, doch schon früh am Morgen mußten wir den Anker wieder hochholen, denn er hatte sich etwas in einem Fischernetz verheddert und die Fischer wollten dieses gerade einholen. Der Hafen hatte nun endlich geöffnet und uns wurde ein Platz zugewiesen.

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