18. Ereignisreiche letzte Seemeilen

Die letzten Tage Sommer in Griechenland

Nachdem wir uns von Ina und Therese am 3. Oktober am Flughafen verabschiedet hatten verbrachten wir den restlichen Nachmittag in Zante und spazierten zu der oberhalb der Stadt gelegenen Burg. Leider hatten wir auch diesmal kein Glück, denn wir kamen ungefähr eine Stunde zu spät an, so dass die Ruine bereits geschlossen hatte. Jakob und Emily vergnügten sich damit das große Eingangstor hochzuklettern und so ihre verbliebene Energie zu verbrauchen und wir genossen den Blick über die Stadt und auf das große Hafenbecken. Am nächsten Tag legten wir zusammen mit der MIA SIRENA, einem australischen Segelboot das wir am Vortag kennengelernt hatten aus dem Hafen ab und verabredeten uns an der Blue Cave im Norden von Zakynthos. Als Lilli die Ankerkette und den Anker einholen wollte, funktionierte unsere Ankerwisch nach langer Zeit mal wieder nicht. Nachdem wir alle gängigen Fehlerquellen ausgeschlossen hatten holte Lilli die 40 Meter Ankerkette manuell hoch und wir fuhren neben einer großen Fähre aus dem Hafen von Zante. Oli fand zum Glück recht schnell des Problems Lösung, denn es hatte sich eine Kabelverbindung an der Steuerung der Ankerwinsch gelöst, die schnell neu verkabelt war. Mittlerweile kennen wir so ziemlich jede Ecke in unserer Alia und können uns recht gut selbst helfen. Mit jedem Problem lernen wir dazu. 

Wir hatten leider nur sehr wenig Wind, so dass wir zwar das Großsegel und die Genua setzten, aber den Motor zur Unterstützung die meiste Zeit mitlaufen lassen mussten. Vor der Blue Cave trafen wir die Mia Sirena und gemeinsam mit John unternahmen Oli, Jakob und Emily einen kleinen Ausflug mit unserem Dingi. Das Wasser war so tief, dass wir nicht ankern konnten, so dass Lilli währenddessen die Alia bewachte. Nach der kleinen Spritztour fuhren wir an die Südspitze von Kefalonia und ankerten in kristallklarem Wasser über schönstem Sandgrund in der Bucht von Katelios. Neben uns ankerte die Mia Sirena und wir verabredeten uns für später. Das Wetter war so schön, dass wir alle erstmal eine Runde Schwimmen gingen. Das Wasser war immer noch herrliche 25 Grad warm und die Sonne schien bei fast wolkenlosem blauem Himmel. 

Am Abend trafen wir uns alle auf der Alia und erzählten von den Segelerlebnissen der vergangenen Monate und so manchem mehr.

Von Kefalonia nach Ithaka - auf bekanntem Wegen

Den nächsten Vormittag verbrachten wir am herrlichen feinen Sandstrand, buddelten Staudämme und Kanäle und schwammen im seichten, klarem und immer noch herrlich warmen Wasser. Dann besuchten wir die Mia Sirena, dessen Crew sich vorbereitet hatte ihren Rumpf zu säubern. Dafür hatten sie einen „PowerDive“, das ist eine Tauchapparatur bei der der Taucher über einen Kompressor auf dem Boot und einen Schlauch mit Luft versorgt wird. Also Tauchen ohne Flasche und Vorkenntnisse möglich. Eine tolle Vorrichtung die wir auch ausprobieren durften. Nicht nur Lilli und Oli waren begeistert, auch Jakob kam auf Anhieb damit zurecht und notierte den Apparat auf seiner imaginäre Wunschliste für das nächste Boot. Gegen Mittag war etwas Wind aufgekommen, so dass wir unseren Anker lichteten und direkt den Blister setzten konnten. Um die Nord-Ostspitze von Kefalonia herum konnten wir herrlich segeln doch dann schlief der Wind leider ein. Wir fuhren 15 Seemeilen weiter nach Norden in die tief einschneidende Bucht Sarakiniko auf der Ostseite der Insel Ithaka. Zu unserer großen Freude lag dort schon die Hallberg-Rassy „JoJo“, die wir in Zante auf Zakinthos kennengelernt hatten. Wir kannten die Bucht schon von unserem Besuch mit Lilli´s Vater und Lea und Amelie 1 1/2 Monate zuvor. Wie damals fuhren wir bis in den Scheitel der Bucht ankerten und legten eine Landleine an die Felsen. Wir lagen schon perfekt und mußten nur noch die Landleine straffen, als wir bei der Rückwärtsfahrt eine kleine Boje übersahen und sich die Leine mit der die Boje am Grund befestigt war in unsere Schraube wickelte. Also Schwimmsachen anziehen und ab ins Wasser. Abwechselnd tauchten wir unter das Schiff und versuchten das Seil wieder von der Antriebswelle zu wickeln. Am Anfang hatten wir Erfolg, aber ein Teil des Seils war so fest umgewickelt dass es sich nicht so ohne weiteres lösen lies. Mittlerweile wurde das Wasser deutlich kälter und bis zum Sonnenuntergang war es auch nicht mehr lange. Jakob war inzwischen zur JoJo gepaddelt und brachte Achim mit, der zu unserer Freude eine Taucherausrüstung mitbrachte. Er schaffte es schliesslich im letzten Tageslicht das Seil von der Antriebswelle zu säbeln und war genauso ausgefroren wie wir als er aus dem Wasser stieg. Wir hatten also mal wieder Glück im Unglück, denn ohne Achim hätten wir am nächsten Tag wohl ewig gebraucht bis wir uns aus dieser misslichen Lage befreit hätten. So saßen wir am Abend noch sehr lange im Salon der Alia mit Solvey und Achim zusammen und quatschten über Segelabenteuer und das Leben in Bayern und alles mögliche. Mit eins der schönsten Dinge an unserer Reise ist das Treffen von liebenswerten Menschen, die zu neuen Freunden werden. 

Am Morgen des 6. Oktober lichteten wir gemeinsam mit der JoJo unseren Anker und fuhren aus der Bucht Richtung Norden. Es war zwar nur recht wenig Wind, aber die Bedingungen waren ideal um mal wieder, wahrscheinlich zum letzten mal für diese Reise, unseren Blister auszupacken. Wir hatten am Vortag Solvey und Achim schon von Lilli´s Lieblingssegel vorgeschwärmt, so dass sie kurzer Hand ihres aus den Tiefen der Vorschiffskabine kramten und zum ersten Mal setzten. Es war ein wunderschönes Segeln mit wenig Wind und kaum Welle - ganz gemütlich. Die Hallberg Rassy JoJo mit ihrem blauweißen Blister und wir mit unserem bunten davor. Von außen betrachtet ein traumhaft schönes Motiv. Solvey und Achim waren auf den Weg zu einer Insel vor dem Festland und wir wollten nach Meganisi, so verabschiedeten wir uns auf dem Weg irgendwann. Leider war das auch der Zeitpunkt, wo wir unseren Blister einpacken mussten, denn der Wind hatte gedreht und soweit nachgelassen, dass an Segeln nicht mehr zu denken war. Wir fuhren in die kleine Bucht Abelike im Norden von Meganisi und ankerten mit Landleine neben einigen anderen Booten. Zum Abendessen liefen wir in die Nachbarbucht nach Vathi und aßen in einer gemütlichen Taverne direkt am Wasser.

Am nächsten Tag hatte sich das Wetter wie angekündigt verschlechtert und es regnete sogar ein paar Mal. Oli ging mit den Kindern in die Nachbarbucht um ein paar Lebensmittel einzukaufen und erst am Nachmittag verliessen wir nochmal gemeinsam das Boot als der Wind etwas nachgelassen hatte. Wir spazierten entlang der Küste dieser wunderbar grünen Insel mit ihrer fingerförmigen Küstenlinie im Norden. Gegen Abend wurde es wieder windig. In den Böen zeigte der Windmesser über 20 Knoten und die Alia drehte sich ordentlich am Anker. Als es schon dunkel war und wir gerade entschieden hatten eine zweite Landleine zur Sicherheit auszubringen, löste sich die vorhandene Landleine. Zum Glück waren wir weit genug vom Nachbarboot entfernt, so dass wir uns entschieden frei zu ankern, also auf eine Landleine zu verzichten.

Am nächsten Morgen hatte sich das Wetter wieder beruhigt und die Sonne schien wieder. Oli unternahm einen langen Trainingslauf über die Insel. Damit er später duschen konnte starteten wir den Motor, da unsere Batterien recht leer waren. Nach ca. 15 Minuten fing der Motor an seine Drehzahl wie von Geisterhand zu verändern. Das ging so ein, zwei Minuten und dann ging er aus und liess sich danach auch nicht mehr starten. Seit dem Start unserer Reise war dies das erste Mal dass wir den Motor nicht mehr zum Laufen bringen konnten und das vor unserer letzten Tagesetappe. Das nennt man mal richtiges Pech. An eine Weiterfahrt war erstmal nicht zu denken. Stattdessen marschierten wir alle erneut in die Nachbarbucht. Hier gab es eine kleine Marina und diese entpuppte sich als richtiger Glücksfall. Schnell wurde ein Motormechaniker organisiert, mit dem wir wieder aufs Boot zurückkehrten. Er probierte ein paar Sachen aus und bekam den Motor nach einer halben Stunde wieder zum Laufen. Vermutlich hatte er Luft gezogen, weil die Dichtungen am Benzinfilter nicht richtig eingebaut waren.

Am nächsten Tag verliessen wir morgens die Bucht bei tollem Wetter. Es wehte leicht und ziemlich genau aus der Richtung in die wir wollten, aber auf unserer letzten Etappe wollten wir unbedingt nochmal segeln. Also kreuzten wir gegen den Wind Richtung Norden und um so näher wir dem Lefkas Kanal kamen um so stärker nahm der Wind zu. Es wurde nochmal ein herrlicher Segeltag, den wir in vollen Zügen genossen. Nach Durchfahrt durch den Kanal (etwa drei Seemeilen) und Passage der Brücke, die Lefkas mit dem Festland verbindet, motorten wir die letzten Seemeilen bis nach Preveza und legten dort am Stadtkai an. Hier lagen viele Segelboote und es herrschte eine richtige „Saison Abschluß Stimmung“. Überall wurde geputzt und zusammengepackt. Auch wir wuschen die Segel und das Deck. Von der Stadt waren wir sehr angetan und trotz offensichtlicher Nebensaison hatten viele kleine Geschäfte noch auf.

Am 10. Oktober meldeten wir uns mittags über Funk bei der Cleopatra Marina, die auf der Halbinsel gegenüber von Preveza liegt. Wir wurden angewiesen vor dem Hafen zu warten und dann in das Becken einzufahren, wo die Boote rausgekrant wurden. Zwei Boote waren noch vor uns dran und dann ging es für unsere geliebte Alia unter den Kran. Wenig später schwebte sie in der Luft und wurde auf das riesige Trockendock Gelände abtransportiert. Als sie aufgebockt war konnten wir über eine Leiter am Heck das Boot besteigen. 

In den nächsten fünf Tagen reinigten wir nochmal gründlich das Boot, nahmen die Segel ab und legten alle Leinen in Süßwasser ein. Außerdem lackierten wir Hölzer im Cockpit und der Küche. Oli reparierte die Tankanzeige und wir gaben einige Arbeiten in Auftrag.

Zu unserer großen Freude trafen wir am ersten Tag Chris und Frieda wieder, die ihre Hallberg-Rassy „Tomboy“ auf der Nachbarmarina geparkt hatten. Sie hatten wir ja ganz zu Beginn unserer Reise in Korsika kennengelernt, dann bei der Überfahrt nach Corfu ihren Funkverkehr mitgehört als sie in einem Fischernetz hingen und uns in Corfu wieder getroffen. Das wir sie nun zum Abschluß erneut trafen passte irgendwie.

Am 16. Oktober war es dann soweit. Wir hatten am Vortag bereits alles gepackt und das Boot für den Winter eingemottet. Um halb sechs stand das Taxi vor dem Boot und nach 220 Tagen, von denen wir nur vier Tage nicht auf dem Boot geschlafen haben, mußten wir Abschied nehmen.

 

Es war eine wunderschöne, unvergessliche und sehr intensive Zeit als Familie. Es bleiben so viele Erlebnisse und die Erkenntnis dass Zeit so viel langsamer vergeht wenn man nicht im eng getakteten Alltag steckt. 

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge kehren wir wieder in das schöne Marburg zurück. Danke an unsere tolle und zuverlässige Alia und an alle Menschen, die diese Reise zu einem so wunderbaren, unvergesslichen Erlebnis gemacht haben!

 

To be continued next year …

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